Hinaus mit der antisemitischen Offizierskaste!


Von Ted Grant.
Veröffentlich in Socialist Appeal. Nr. 28, August 1946.


Unlängst wurde unter den britischen Truppen in Palästina ein Brief voller bösartiger und fanatischer antisemitischer Hetze gegen die Juden in Umlauf gebracht. Der Urheber dieses Briefes soll niemand Geringer als der britische Oberkommandierende in Palästina, Generalleutnant Sir Evelyn Barker, sein. Wer auch immer der Verfasser sein mag, es ist klar, dass diese Inhalte mit offizieller Zustimmung der britischen Militärbehörden in Palästina zirkuliert wurden.

Laut den für die Verbreitung des Briefes verantwortlichen Presseagenturen stellte General Barker erst wilde Behauptungen auf, die gesamte jüdische Bevölkerung in Palästina sei verantwortlich für die momentanen terroristischen Anschläge, und hielt später voller Arroganz in seinem Brief fest:

„Ich bin entschlossen, dass sie bestraft werden sollten und man ihnen die Verachtung und Abscheu bewusst macht, mit der wir ihre Machenschaften betrachten.“

Nachdem er seinen vorangegangenen Befehl erklärte, mit dem der Zutritt für alle jüdischen Geschäfte, Kaffeehäuser, Unterhaltungslokale und Privathäuser verboten wird, fügte dieser selbsternannte „Staatsanwalt und Richter“ hinzu:

„Mir ist bewusst, dass diese Maßnahmen unseren Truppen so manche Entbehrung bringen werden, aber ich bin mir sicher, dass sie deren Angemessenheit verstehen werden. Sie werden begreifen, dass sie die Juden auf eine Art und Weise bestrafen, wie es dieser Rasse gar nicht gefällt – indem wir ihre Geldbeutel treffen und unsere Verachtung für sie zeigen.“

Der Antisemitismus, der durch General Barkers Brief zum Ausdruck kommt, ist keine Einzelmeinung. Im Gegenteil, dieses Schreiben unterstreicht nur die weit verbreiteten antisemitischen Ansichten der obersten Offiziersjunta, welche die kapitalistischen Streitkräfte kontrolliert.

In ihren Kreisen ist es kein Geheimnis, dass der Antisemitismus unter den hochrangigen Armeeoffizieren grassiert, und sie trachten danach, dieses reaktionäre Gift unter den britischen Soldaten in Palästina und anderswo zu verbreiten. Sie versuchen, rassistische Vorurteile gegen die jüdische Bevölkerung zu schüren, um die kriminelle Verantwortung der kapitalistischen Diplomatie des britischen Staates für die tragische Lage in Palästina zu verschleiern.

In den Hallen des Parlaments spricht man schon länger darüber, dass die Armeeführung in Palästina völlige Freiheit für eine Repressionskampagne haben will. Die Tories unterstützen hinter den Kulissen diese Politik der Militärführung und verlangen, dass man der Armee völlig freie Hand lässt, die Situation in Palästina mit militärischen Mitteln und dem Kriegsrecht zu lösen.

Zweifelsohne herrscht unter den britischen Truppen in Palästina eine berechtige Feindseligkeit gegen jene Elemente vor, die für den Tod von Soldaten durch Terroranschläge verantwortlich sind. Diese unvermeidlichen Ressentiments von Teilen der Soldatenschaft gegen die jüdische Bevölkerung in Palästina werden von diesen antisemitischen Offizieren angeheizt, um eine Barriere aus Vorurteilen zwischen den Juden und den britischen Soldaten zu errichten.

Indem sie den Vorwand liefern, um solche wütenden und verbitterten Gefühle unter den britischen Truppen hervorzurufen, spielen die Terroristen dem britischen Imperialismus in die Hände. Diese sinnlosen Terrorakte müssen als falsche Kampfmethoden verurteilt werden. Die Probleme der Juden in Palästina wie auch überall sonst, können nur auf der Grundlage eines revolutionären Kampfprogramms gemeinsam mit der Arbeiterklasse gegen den Weltkapitalismus selbst gelöst werden. Jeder andere Weg kann nur zu einer weiteren Spaltung zwischen der Arbeiterklasse einerseits und der jüdischen Bevölkerung andererseits führen.

Der Brief bringt aber ein noch viel ernsteres Thema für die Arbeiterklasse auf. Die bitteren Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass der reaktionäre Antisemitismus immer mit einer Ideologie einhergeht, die sich gegen die Arbeiterklasse und ihre Organisationen richtet. Jede faschistische Bewegung hat auf die eine oder andere Art und Weise in ihrem Programm auf Antisemitismus gesetzt.

Die Arbeiterklasse hat nicht die Labour-Regierung an die Macht gebracht, damit diese Reaktionäre im Militär weiterhin unwidersprochen und despotisch die Kontrolle über zur Armee eingezogene Arbeiter ausüben können.

Solange die Kontrolle über die Armee in den Händen dieser arbeiterfeindlichen, faschistenfreundlichen Offiziersjunta bleibt, stellen diese Kräfte eine Bedrohung für die Interessen der Arbeiterklasse dar. In Zeiten der Krise, die unvermeidlich auch das kapitalistische Großbritannien erfassen wird, wird diese reaktionäre Offizierskaste nicht zögern, dieselbe arbeiterfeindliche Politik zu verfolgen, wie es ihre ideologischen Kameraden in Deutschland getan haben. Die Offizierskaste in Deutschland bildete die militärische Basis des faschistischen Terrors, den das Hitlerregime gegen die deutschen Arbeiter verhängte. Sie wurden von derselben antisemitischen und arbeiterfeindlichen Ideologie angetrieben.

Die Labour-Regierung kann nicht so tun, als hätte sie keine Verantwortung für die tragische Situation in Palästina. Sie lässt den fanatischen Antisemitismus, der in diesem Brief von General Barker propagiert wird, einfach durchgehen und duldet ihn stillschweigend. Die Stellungnahme von Herbert Morrison im Unterhaus am 1. August zeigt das sehr gut. Morrison sagte dort, er sei „zuversichtlich, das Haus würde ihm gerne sagen, dass es sehr wertschätzt, unter welcher schweren Belastung sowohl die zivilen wie auch die Armeeoffiziere bei der Erfüllung ihrer Pflicht stehen.“ Während Morrison betont, dass sich die Regierung vom „Ton“ des Briefes distanziert, fährt er gleichzeitig fort, seine Bewunderung zum Ausdruck zu bringen, für die Art und Weise wie großartig die Offiziere ihrer Pflicht nachkommen. Kein Wort der Verurteilung des Antisemitismus, wie er von General Barker in seinem schändlichen Brief an die britischen Truppen propagiert wurde!

Die Arbeiterklasse muss dieses widerwärtige und feige Ausweichen von Seiten der Labour-Regierung entschieden verurteilen. Doch die Frage geht tiefer. Die organisierte Arbeiterbewegung muss über die Strukturen der Gewerkschaften und Arbeiterbewegung einfordern, dass die Regierung der reaktionären Militärkaste die Kontrolle über die Streitkräfte entzieht und eine Militärpolitik umsetzt, die die Ausbildung von Arbeitern zu Offizieren fördert, die wirklich den Interessen der Arbeiterklasse dienen.